Niedersachsen: Antrag auf Jagdverbot im Kreis Stade

"Wir wollen und werden es nicht mehr dulden, dass auf unserem Grundstück Tiere getötet werden"

Tamara D. * und ihr Lebenspartner besitzen ein 9.000 Quadratmeter großes Grundstück im Landkreis Stade (Niedersachsen), das sie auch als Biotop für wild lebende Tieren zur Verfügung stellen. Hier sind Rehe, Fasane, Hasen, Füchse und Rebhühner zu beobachten. Für die Tier- und Naturfreunde ist es nicht zu ertragen, dass Jäger auf ihrem Grundstück jagen und noch besonders gerne an den Stellen, welche extra als Rückzugsgebiete für die Tiere angelegt wurden. Tamara D. und ihr Lebenspartner lehnen als Vegetarier das Töten von Tieren ab. Anfang 2020 stellten die Grundstückseigentümer einen Antrag auf jagdrechtliche Befriedung.

»Unser Grundstück ist von Feldern und einem kleinen Bach gesäumt, hinter dem ein kleines Wäldchen liegt - deswegen sind um und auf unserem Grundstück oft verschiedenste Tiere zu beobachten: Rehe, Fasane, Hasen, Füchse, Rebhühner und viele mehr«, so Tamara D. »Wir bewirtschaften daher seit Jahren nur den Teil unseres Grundstückes, den wir auch wirklich selber nutzen möchten, auf dem guten restlichen Drittel unseres Grundstückes darf alles frei wachsen, wuchern und wildern, wie es möchte, damit die Tiere in diesen Ecken Unterschlupf und Nahrung finden.«

»Wir sind generell gegen das Jagen und Töten von Tieren«

Mit Jägern hat das Paar keine guten Erfahrungen gemacht: Vor einigen Jahren hatte ein Jäger ihren Hund erschossen, ohne sich auch nur dafür zu entschuldigen. »Neben diesen einschneidenden Erlebnis sind wir aber generell gegen das Jagen und Töten von Tieren, weswegen wir auch seit gut zwei Jahren vegetarisch leben«, erklären die Grundstückseigentümer.

»Wir haben immer wieder Jäger, die sowohl auf unserem Grundstück jagen als auch von den angrenzenden Feldern oder aus dem Wäldchen auf unser Grundstück schießen - und dann besonders gerne auf die Ecken, die wir extra für die Tiere frei wachsen lassen, damit sie diese als Unterschlupf nutzen können. Immer wieder haben wir das Gespräch mit den Jägern gesucht, da wir es so schrecklich finden, dass sie genau diese Ecken ins Visier nehmen - denn wir wollen den Tieren helfen und sie nicht in den Tod schicken.«

Inzwischen hat das Paar erneut einen Hund, der sich frei auf dem Grundstück bewegen kann. Das Problem: Jäger schießen immer wieder von angrenzenden Wiesen auf das Grundstück - ohne Vorwarnung. »So kam es vor, dass unser Hund und auch wir selber draußen gewesen sind, als auf einmal auf unser Grundstück geschossen wurde. Zwar immer mit einer gewissen Entfernung zu unserem Wohnhaus - doch woher sollen wir wissen, dass wir und unser Hund uns nur in einem gewissen Radius um unser Haus aufhalten dürfen, wenn wir vorab keine Meldung darüber bekommen, dass geschossen wird?«

Im Spätsommer 2019 kam es zu einem Vorfall, der letztlich zum Antrag auf Jagdverbot führte: »Die Jäger schossen in dem Wald hinter unserem Grundstück und verletzten einen Fasan. Dieser stürzte noch lebend in den kleinen Bach, der unser Grundstück von dem Wald trennt, und schleppte sich mit letzter Kraft auf der Bachseite an unserem Grundstück hoch. Von der anderen Seite des Baches aus bewarfen die Jäger den Fasan daraufhin solange mit Steinen, bis das Tier starb, dann wateten sie durch den kleinen Bach, um das tote Tier von unserem Grundstück zu bergen. Es war einfach nur grausam, und in dem Moment wussten wir endgültig, dass wir etwas tun müssen, um endlich dafür zu sorgen, dass so etwas auf unserem Grundstück nicht mehr geschieht.«

Die Grundstückseigentümer begannen sich daraufhin intensiv mit dem Thema zu beschäftigen und stießen auf die Möglichkeit der jagdrechtlichen Befriedung: Vorher ist uns gar nicht bekannt gewesen, dass wir einen derartigen Antrag stellen können. Wir haben diesen dann auch sofort eingereicht - und erst einmal gute zwei Monate nichts gehört.

Noch bevor die Jagdbehörde auf den Antrag reagierte, hatte das Paar Besuch von einem Jäger. »Dieser wusste bereits von dem Antrag und wollte uns davon überzeugen, den Antrag zurückzuziehen«, berichtet Tamara D. »Obwohl er wirklich höflich und freundlich gewesen ist, haben wir uns doch sehr eingeschüchtert gefühlt - denn der Jäger sagte uns, dass neben den Antragskosten noch erhebliche Folge- und Zusatzkosten auf uns zukommen würden, dass der Antrag vermutlich sowieso abgelehnt würde, was uns ebenfalls mit mehreren Hundert Euro in Rechnung gestellt würde, und dass seine Jäger-Kumpanen sich über uns schieflachen würden, da unser Versuch so lächerlich und zum Scheitern verurteilt sei. Er meine es nur gut mit uns, er wolle uns unnötige Kosten ersparen und in Zukunft könne er gerne eine Woche vorher einen Zettel in unseren Briefkasten legen, damit wir wissen, dass wieder geschossen würde. Wir sollten den Antrag wirklich lieber zurückziehen, in unserem eigenen Interesse.«

Nach diesem Gespräch war das Paar vollkommen verunsichert: »Wir wussten nun überhaupt nicht, was wir tun sollten: den Antrag aufrechterhalten oder zurückziehen? Natürlich hatte sich an unseren Beweggründen absolut nichts geändert, doch wären wir leider auch nicht in der Lage, mehrere - wie vom Jäger angedroht - Tausend Euro in die Befriedung zu stecken.«

Grundstückseigentümer wenden sich an die Initiative »Zwangsbejagung ade«

Mit ihrer Verunsicherung und ihren Fragen wandten sich die Grundstückseigentümer an die Initiative »Zwangsbejagung ade«. »Uns ist schnell geantwortet und vor allem die Angst vor den angedrohten immensen Kosten genommen worden«, so Tamara D. »Wir stehen seitdem mit mehreren Grundstückseigentümern in Verbindung, die ihre Grundstücke bereits erfolgreich befriedet haben und die uns bei jeder Frage und jedem Problem ganz lieb mit Rat und Tat beiseite stehen. Den Antrag haben wir nicht zurückgezogen und werden es auch nicht tun, nun da wir wissen, dass die Aussagen des Jägers schlichtweg gelogen waren.«

Bald kam auch eine erste Antwort von der Jagdbehörde. »Neben den bereits eingereichten Unterlagen über unser Grundstück wollten sie nun auch noch, dass wir ihnen sämtliche an unser Grundstück angrenzende Eigentümer mit aktueller Adresse zukommen lassen. Zudem hinterfragten sie unsere Beweggründe: Wenn wir schon seit Jahren vegetarisch leben, wieso reichen wir dann erst jetzt Antrag auf jagdrechtliche Befriedung ein? Das Antwortschreiben empfanden wir nur als einen Versuch, die Sache hinauszuzögern und uns vor allem mürbe zu machen.«

Doch die Grundstückseigentümer wollen sich nun nicht mehr unterkriegen lassen. Mit Hilfe des Katasteramtes fanden sie sämtliche angrenzende Eigentümer heraus und formulierten in einem ausführlichen Antwortschreiben, weshalb sie auf der Befriedung ihres Grundstückes bestehen.

»Wir wissen jedenfalls, dass wir am Ball bleiben und den Antrag durchbringen werden«, erklären die Tierfreunde. »Wir wollen und werden es nicht mehr dulden, dass auf unserem Grundstück Tiere getötet werden, und wir werden dafür kämpfen, dass das in Zukunft auch nicht mehr geschehen wird!«


* Name von der Redaktion geändert