NRW: Mehr als 150 Anträge zur Jagdbefreiung

In Nordrhein-Westfalen haben 151 Grundeigentümer (Stand: Oktober 2015) Anträge auf jagdrechtliche Befriedung ihrer Flächen gestellt. Dies berichtet die Westdeutsche Zeitung am 19.5.2016.

Landkreis Höxter: Landwirt beantrag Jagdverbot

»78-Jähriger beantragt Befriedung seiner Äcker - Tieren Todesangst ersparen - Bauer will Jagd verbieten«, titelt das Westfalenblatt am 10.2.2016.

Albert Fögen aus aus Borgentreich im Landkreis Höxter (Nordrhein-Westfalen) will die Jagd auf seinen Feldern und Wiesen nicht länger dulden. Der 78-Jährige bewirtschaftet seine Flächen inzwischen nicht mehr selbst, sondern hat sie an ökologische Landbaubetriebe verpachtet.

Der Landwirt lehnt Schüsse und Waffen ab und will auch Tieren die Angst vor Schüssen und die Angst vor dem Tod ersparen.


»Bei Treibjagden werden Wildtiere in Todesangst versetzt, die der von Tieren auf dem Schlachthof gleicht« , zitiert das Westfalenblatt den 78-Jährigen. »Ich habe als Bauer diese Tierängste, die bis zur Erstarrung gehen, kennengelernt.«

Privatwald soll schussfreie Zone werden

Der bekennende Vegetarier und Pazifist Dr. Hans-Peter Schiffer wehrt sich gegen die Jagd auf seinem Grundstück in Bad Münstereifel. Dies berichtet die Kölnische Rundschau am 6.11.2015.

Erst kürzlich musste er eine Treibjagd auf seinem zehn Hektar großen Wald- und Wiesengrundstück miterleben: Schüsse seien nur 30 Meter neben ihm und seiner Frau eingeschlagen.

Dr. Schiffer hat bei der Unteren Jagdbehörde des Kreises Euskirchen einen Antrag gestellt, das Grundstück aus ethischen Gründen zu befrieden und sich auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 26.6.2012 berufen. Der Kreis lehnte den Antrag jedoch ab. Der Grundstückseigentümer legte gegen den Bescheid Widerspruch ein, über den das Verwaltungsgericht Aachen entscheiden muss.

"Ich fühle mich als Arzt dem Leben verpflichtet", zitiert die Kölnische Rundschau Dr. Schiffer. "Daher essen wir auch seit Jahrzehnten kein Fleisch." Und: "Schusswaffen gehören nicht in die Hände von Hobbyisten."

Waldbesitzer will Jagd verbieten lassen

Waldbesitzer Alexander von Spiegel aus Bielefeld-Senne in Nordrhein-Westfalen will die Jagd auf seinem Grundstück verbieten lassen. Er beruft sich auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 26.6.2012: Es verstößt gegen den in der Europäischen Menschenrechtskonvention garantierten Schutz des Eigentums, wenn Grundstückseigentümer zwangsweise Mitglied in einer Jagdgenossenschaft sind und damit die Jagd auf ihrem Grund und Boden gegen ihren Willen dulden müssen.

Alexander von Spiegel, der aus einer Jägerfamilie stammt und aus Tradition den Jagdschein gemacht hat, sagt in einem Interview mit der Neuen Westfälischen vom 13.1.2015: "Ich lehne die Jagd inzwischen ab, weil sie mein ethisches Empfinden erheblich beeinträchtigt. Durch die Jagd werden die Wildtiere unnötig erschreckt und aufgescheucht." Der Waldbesitzer hält die Jagd für überflüssig und sogar störend für das Gleichgewicht in der Natur: Je mehr Tiere geschossen würden, desto mehr würden geboren. "Dass die Selbstregulierung funktioniert, wird in etlichen Nationalparks deutlich", sagt er.


Lesen Sie das Interview "Alexander von Spiegel will Jäger von seinem Grundstück verbannen" (Neue Westfälische, 13.1.2015)

Die Ehepaare Kleinmanns und Kalisch aus Issum im Kreis Kleve wollen die Jagd auf ihren Grundstücken, die zusammen etwa zwölf Hektar umfassen, in Zukunft nicht mehr hinnehmen.

Franz-Josef Kleinmanns (46) lebt mit seiner Familie auf dem Bauernhof seiner Eltern, auf dem er aufgewachsen ist. Die jährlichen Treibjagden gehörten für ihn seit seiner Kindheit zum Landleben dazu. »Mit zunehmendem Alter stellte sich immer öfter dieses eigenartige Gefühl bei mir ein, dass das nicht richtig ist«, berichtet er. »Plötzlich, ohne Ankündigung tauchen die Jäger an unserem Hof und auf unseren Äckern auf und postieren sich mit ihren Waffen. Dann laufen johlend und grölend die Treiber übers Feld und durch den Wald und scheuchen alles Leben auf und den Jägern direkt vor die Gewehrläufe.«


Vor einigen Jahren dann vermisste seine Mutter eine Katze. »Kurz darauf kam sie aufgeregt zu mir und berichtete mir von einer schweren Eisenschlagfalle in einem benachbarten Waldstück. In der Schlagfalle fanden wir schließlich die vermisste Katze... geköpft!« Auch um den Hund musste sich die Familie Sorgen machen: »Bei einer Begegnung mit dem Jagdaufseher auf unserem Grundstück entgegnete mir der Aufseher, ich solle auf meinen Hund achten, sonst müsse er ihn erschießen.«

Den Ausschlag, das Thema Jagd intensiv zu hinterfragen, gab eine Treibjagd im Herbst 2011: Die Treiber bildeten eine lange Kette und liefen über das Gelände auf den Hof zu. »Ungefähr 15 bis 20 Meter vor unserem Hof blieb ein Treiber plötzlich stehen, ging ein paar Schritte zurück und warf einen Holzknüppel mit voller Wucht auf einen Hasen, der sich im Gras geduckt hatte. Dieser sprang auf und rannte direkt in das Gewehrfeuer der Jäger, wo er tot liegen blieb.«

Am Abendbrottisch war dieses Erlebnis das Gesprächsthema. »Meine beiden Kinder wollten eine Erklärung für diese Treibjagd... ich hatte und habe keine sinnvolle! Eine Frage meiner Kinder klingelt noch ganz besonders in meinen Ohren: Papa, der Acker, auf dem die Jäger die Tiere erschossen haben, gehört doch dir. Hast Du das erlaubt!? - Dieses Erlebnis direkt vor meinen Augen und die Gedanken, dass ich dieses Spaßtöten vor meinen Augen und auf meinem Eigentum nicht unterbunden habe, haben mich nicht losgelassen. Daher habe ich den Antrag auf Befriedung gestellt.«

Jost und Lydia Kalisch nennen in ihrem Antrag unter anderem folgende ethische Gründe: »Eigentum zu erwerben und zu besitzen, bedeutet für uns die moralische Pflicht und das Recht, verantwortungsvoll Lebensräume zu schützen... Das Erlebnis der ersten augenscheinlichen Jagd über unsere Grundstücke bleibt für uns bis heute traumatisierend... Wir glauben an das Recht auf Leben für jede Kreatur, die Gott erschaffen hat.« (Rheinische Post, 4.1.2014)